Steiners Zuckertüten

Es ist Mitte August. Einschulung, und ich mittendrin. Kinder habe ich nicht, soweit ich weiß, also wie konnte es dazu kommen? Estelle heißt der Grund. Die Tochter meiner guten Freundin Fahima und ihrem Mann Thomas. Vor einigen Jahren begleitete ich die junge Familie einen Tag lang und verfasste einen kleinen Artikel darüber. Der kleinen Estelle blieb der Tag so sehr in Erinnerung, dass sie mir eine Einladung schickte und mich zu ihrer Einschulung einlud. Welch Ehre. Na klar komme ich vorbei.

Ein neuer Lebensabschnitt

Eine Stunde Autofahrt musste ich einplanen. Die Kamera eingepackt, düste ich also los und traf gerade noch rechtzeitig ein. Die Freude war groß. Fahima, Thomas und das kleine Brüderchen von Estelle hielten mir einen Platz frei. Somit hatte ich eine perfekte Sicht auf die Zeremonie.

Inmitten der prallen Sonne, dieser Tag muss der heißeste des Sommers gewesen sein, wollte ich gerade meine Kamera herausholen und ein paar Aufnahmen machen, da hörte ich in der Eröffnungsrede, dass ein professioneller Fotograf engagiert wurde, um Blitzlichtgewitter zu vermeiden. Okay, dachte ich mir. Dann mache ich nur heimlich ein oder zwei Bilder, verschmitzt wie ich bin. Natürlich war die kleine Estelle aufgeregt. Doch nicht nur sie, auch alle anderen zwanzig Sprösslinge, umringt von ihren glückseligen Eltern, platzten vor Spannung und Vorfreude. Man merkte deutlich, wie viel Energie alle Beteiligten investierten, um diesen einzigartigen Tag zu etwas Besonderem zu machen. Es gab Reden, Gesangseinlagen und sogar ein Theaterstück. Vom gigantischen Buffet, welches viele Eltern organisierten, will ich gar nicht erst anfangen. Ulrike, die Klassenleiterin konnte alle Namen der kleinen ABC Schützen auswendig und bat jeden einzelnen von ihnen nach vorn, um ihn auf das Herzlichste zu begrüßen. Anschließend wurden sie in ihr Klassenzimmer geführt, um sich einander beschnuppern zu können und erste Eindrücke zu erhaschen. Die Angehörigen und Besucher machten sich währenddessen über das köstliche Bankett her. Leider hatte ich keinen großen Hunger, sodass es nur bei ein paar Gläsern Orangensaft blieb.

Nach etwa einer Stunde endete die ganze Veranstaltung. Die Schüler kamen aus Ihrer ersten Stunde und posierten zum Abschluss noch einmal für den Fotografen. Nachdem auch ich noch ein paar Aufnahmen im Kasten hatte, gingen wir zusammen mit einem befreundeten Elternpaar in den nahegelegenen Park, um endlich die heißersehnten Zuckertüten zu öffnen, worauf sich die Kleinen natürlich am allermeisten freuten. Ich lief noch ein wenig durch den Park und machte hier und da ein paar Bilder, bevor wir zum Mittagsmahl in ein nahegelegenes Restaurant fuhren. Dort trafen wir dann auch Fahimas Schwester und ihre Angehörigen. Ab diesem Zeitpunkt packte ich meine Kamera ein und genoss den restlichen Tag, der erst am späten Abend enden sollte.

Eine einzigartige Erfahrung

Warum berichte ich eigentlich über eine Einschulung? Was ist daran jetzt so spannend? Nun, abgesehen von diesem besonderen Ereignis, was ich hiermit für Fahima und ihre Familie fotografisch festhalten möchte, dachte ich mir, es ist vielleicht gar nicht so uninteressant, ein paar Worte darüber zu verlieren, um was für eine Schule es sich handelt, die Estelle nun die kommenden Jahre besuchen wird. Es ist nämlich eine Waldorfschule.

Die Schule wurde 2019 von vier engagierten Müttern gegründet, die dieses Mammutprojekt in den ersten drei Jahren aus eigener Kraft stemmten. Ich mag mir gar nicht vorstellen, durch welches bürokratische Minengebiet sie da laufen mussten. Aber ganz offensichtlich war die Überzeugung so groß, dass auch diese Hürden erfolgreich überwunden worden sind. Jetzt, da ihr Traum Realität ist, können Sie sich dem schrittweisen Ausbau ihres Projekts widmen und für dieses außergewöhnliche Konzept versuchen, neue Interessenten zu gewinnen.

Wie fast jeder andere Normalsterbliche besaß auch ich die typischen Vorurteile und dachte sofort an tanzende Namen. Ich realisierte jedoch sehr schnell im Laufe des Tages, dass sich eindeutig mehr dahinter verbirgt.

Der Schulalltag

Wie sieht denn jetzt so ein Alltag in einer Waldorfschule aus? Nun, ich habe nur Bruchteile dieses fremden Universums in Erfahrung bringen können, aber die, die ich habe, möchte ich gerne teilen.

Hier scheint es keine Hierarchien zu geben. Die Lehrer hier nennen sich Schulbegleiter und stehen den Schülern viele Jahre lang zur Seite. Doch sind sie nicht die Einzigen, die ihnen dabei helfen, das nötige Rüstzeug für ihr zukünftiges Leben zu erwerben. Neben Architekten und Landwirten, die ihr Wissen zur Verfügung stellen, gibt es auch Paten. Also Kinder einer höheren Jahrgangsstufe, die sich mit den Erstklässlern zusammentun und voneinander lernen.

Schier alles scheint sich von einer Regelschule zu unterscheiden. Angefangen bei der Einrichtung des Klassenraums, den “Lehrfächern”, bis hin zur Benotung. Es gibt sie nicht. Bis zur achten Klasse. Doch betrifft das nicht nur die Noten, es gibt auch keine Lehrbücher. Die Neuankömmlinge erhalten ein leeres Buch, was sie im Laufe der Jahre selbst ausfüllen. Jegliches erworbenes Wissen wird hier hineingeschrieben. Pauken ist ein Fremdwort. Hausaufgaben sind selten. Einen Stundenplan sucht man hier ebenfalls vergebens. Es gibt einen thematischen Überbau, den sogenannten “Epochenunterricht”, der sich über Monate hinweg ausdehnt. Beispiele wären das “Römische Reich” oder der “Mittelalterliche Ackerbau”. Gelernt wird durch aktive Betätigung. Die Schüler graben den Garten um, bauen einen Ofen aus Ton, sammeln Kräuter oder backen ihren eigenen Kuchen. Alles erlernte soll auch erlebt werden.

Der Medienkonsum wird so weit wie möglich vermieden, gegendert wird nicht und Englisch gibt es von Klasse eins an. Auf künstlerisch-handwerkliche Fächer wird besonders großen Wert gelegt. Lernen ohne Druck, heißt die Devise. Die Priorität liegt in der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der Weiterentwicklung von Körper und Geist. Inwieweit sich das Ganze in der Praxis realisieren lässt, werde ich sicher bald erfahren.

Zurück zum Ursprung

Doch wo liegt der Ursprung dieses schulischen Sonderwegs? Wer begründete dieses durchaus spannende Konzept? Es ist niemand anderer, wie Rudolf Steiner. Der gebürtige Kroate war auf so vielen Gebieten ein Genie, dass einem fast schon unheimlich werden kann. Er war Philosoph, Pädagoge, Reformator, Schriftsteller, Künstler und Theosoph. Er begründete die Eurythmie, Anthroposophie und die soziale Dreigliederung. Für jeden Aspekt bedürfte es eigene Artikel, um sie angemessen beschreiben zu können. Heruntergebrochen ging es ihm darum, den Menschen in seiner Gänze zu verstehen, und zwar über die rein körperliche Existenz hinaus.

Einer seiner größten Fans war offensichtlich Emil Molt, der damalige Chef einer Zigarettenfabrik, mit der er 1919 die erste Waldorfschule gründete und die fortan unter dem Namen „Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik“ existierte. Es war eine Art Betriebsschule für die Kinder der Mitarbeiter des Unternehmens. Sie waren die ersten Waldorfschüler und somit „Ahnen“ der kleinen Estelle.

Rudolf Steiner war und ist immer noch umstritten, natürlich, aber er hat etwas gewagt und seine Visionen umgesetzt. Allein dafür muss man ihm Respekt zollen. Ohne ihn wäre Fahimas Tochter heute nicht in dieser Schule und meinen Artikel würde es niemals geben.

Nach dem bisschen, was ich seither über ihn gelesen habe, verstehe ich Rudolf Steiner als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Welten. Der realen und der geistigen Welt. Denjenigen, die seine Ansichten teilen und denen, die es nicht tun. Und hier schließt sich der Kreis, denn ebenso wie er, verstehe auch ich mich als Brückenbauer zwischen den Welten, zwischen den Meinungen und Ansichten. Auch mir gelingt das nicht immer, aber ich versuche es. Vielleicht schaffe ich es hiermit, die Skepsis gegenüber Waldorfschulen etwas zu mildern. Mich hat der erste Eindruck jedenfalls neugierig gemacht.

Alles Gute für die Zukunft, Estelle!

Terra Incognita

Außerhalb der Hauptsaison fuhr ich getrennt mit meinen Freunden, Grit, Micha und Basti in das ehemalige Jugoslawien, um dem Alltag hierzulande für ein paar Tage zu entfliehen. Dies ist der zweite Teil meines Artikels. Den vorherigen gibt es hier.

Ankommen in Montenegro

1700 Kilometer und knapp 17 Stunden Autofahrt liegen hinter uns. Endlich erreichten wir unser Ziel: Montenegro, was soviel wie „Schwarzer Berg“ bedeutet und in dem sogar die D-Mark für einige Jahre offizielles Zahlungsmittel war. Ein kleines Fleckchen Erde im Süden der Adria, was unsere Herzen bald erobern sollte. Land und Leute brannten sich wortwörtlich in unsere Seelen ein. Und dabei haben wir nur einen Bruchteil dieser landschaftlichen Augenweide samt herzlicher Bewohner zu Gesicht bekommen, denn das Inland ließ sich nicht erschließen in neun Tagen. Unser steter Begleiter war das Meer. Es reichte schon aus, um uns vollends in den montenegrinischen Bann zu ziehen. Ich kann nur versuchen, die Magie einzufangen und wiederzugeben, was den Zauber Montenegros für uns ausmachte.

Erste Eindrücke

Die Grenze passiert, musste ich erst einmal den Motor stoppen und aussteigen. Dem Himmel entgegenblickend, realisierte ich, wie weit mein Wagen mich bereits gebracht hatte und wie fern der Heimat ich war. Ich genoss die fremden Eindrücke in vollen Zügen. Ich kenne die Bäume die hier wachsen, auch hohe Berge sind mir nicht fremd und doch war alles anders. Es unterschied sich sogar vom großen Bruder Kroatien. Montenegro ist EU Beitrittskandidat und profitiert somit nicht von Förderungen, wie sein großer Nachbar. Es wirkte im ersten Moment Ursprünglicher. Es schien selbständiger. Es fühlte sich nach mehr Ecken und Kanten an, weniger nach Akkuratem und Geöltem. Aber genau das gefiel uns.

Auf nach Ulcinj

Nun trennten uns nur noch knappe vier Stunden von unserem finalen Zielort Ulcinj am untersten Zipfel Montenegros. Natürlich benötigte ich mehr Zeit, da ich öfter anhielt um die Aussichten festzuhalten, die mir zuhauf begegneten. Kotor dürfte Einigen bekannt sein. Ein beliebtes Reiseziel, was ich mir auch zu Gemüte führen wollte. Leider musste ich mir dieses Vorhaben schnell aus dem Kopf schlagen, denn diese Stadt war hoffnungslos überfüllt. Da es in Montenegro bisher keine Autobahn Richtung Süden gibt, sind alle fahrbaren Untersätze dazu gezwungen, sich durch die teilweise wunderschönen Städte zu zwängen. Oft ging es nur mit 30 KM/h voran, aber mich störte das nicht weiter, da ich dadurch um so mehr Eindrücke der tollen Umgebung einfangen konnte.

Endlich am Ziel

Vorbei an Perast, Budva und Bar, erreichte ich endlich Ulcinj, was für neun Tage unsere Heimat sein sollte. Kurz vor Ankunft knurrte mein Magen. Ich musste Rasten. Mir stach eine prachtvolle Gaststätte am Straßenrand ins Auge. Art Taverna nennt sie sich. Ich hielt an und rief dem Wirt von Weitem auf Englisch zu: “Ist geöffnet? Ich sehe keine Gäste.” “Yes” erwiderte er freundlich. Geschafft von der Fahrt bestellte ich mir ein einheimisches Bier und frischen Fisch. Ich war begeistert vom Ambiente und fragte nach, ob ich ein paar Fotos machen könne. Wir kamen miteinander ins Gespräch und ich fand heraus, dass “Miqail” der Chef persönlich war und gerade Deutsch lernt. Teile seiner Familie wohnen in Deutschland. Was für ein Zufall dachte ich. Eine tolle erste Begegnung in Montenegro. Gesättigt und zufrieden zog ich weiter.

AM PALACE

Ein paar Minuten später erreichte ich das AM PALACE – mein finales Ziel. Was für ein prächtiger Bau. Es sah einladend und sehr modern aus. Gerade stieg ich aus dem Wagen, als mich zwei Männer freundlich begrüßten und mir mit ausgestreckter Hand entgegenkamen. Admir, der Chef persönlich und sein deutscher Freund Mario, der ihm offensichtlich bei der Instandhaltung des Gebäudes hilft. Ich fühlte mich sofort Willkommen. Admir, der sehr gut deutsch sprach, präsentierte mein Zimmer. Er bemerkte, wie beeindruckt ich war und führte mich noch ein wenig herum. Bevor wir uns uns auf seine wundervolle Terrasse auf dem Dach des Hotels setzten um ein wenig zu plaudern, servierte mir seine liebenswerte Mutter Enica noch ein phänomenales Mahl. Noch immer zehre ich von ihrer freundlichen Art und ihren vorzüglichen Kochkünsten.

Von Admir lernte ich einiges über die Geschichte des Landes, wovon ich Auszüge bereits im ersten Artikel erwähnt habe. Er erzählte mir, dass Montenegro der letzte Verbündete Serbiens war und sich erst 2006 abspaltete um eigenständig zu sein. Jedes Jahr wird dieses Ereignis ausgiebig gefeiert. “Es ist weniger konservativ. Es gibt viele Ethnien und Religionen”. Die Kriminalitätsstatistik sei sehr gering sagt er, selbst Beleidigung wird hart bestraft. “Verstehen Montenegriner die Kroaten, Serben und Slowenen?”, fragte ich. “Ja natürlich. Es sind nur unterschiedliche Dialekte. Wir verstehen sogar ein klein wenig polnisch und russisch. Die älteren haben es noch in der Schule gelernt, die jüngeren von den Touristen. Vor allem aber ist Montenegro ein Land, das vergleichsweise lockere Regeln hat für Ausländer, die eine Firma eröffnen wollen.” Und in der Tat. Es sind relativ viele russische Kennzeichen und Beschilderungen auf Kyrillisch zu sehen. Offensichtlich fühlen sich hier viele Russen noch wohl. Sicher keine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit.

Hauptsächlich lebt Montenegro, was das Ursprungsland Jugoslawiens ist, von der Landwirtschaft, dem Baugewerbe und vom Tourismus. „Was sagst du zur Situation in Deutschland?“, fragte ich ihn. Er antwortete ebenso schmunzelnd und ratlos, wie die Vermieterin von Grit und Micha, die etwas mitleidig anmerkte, dass Deutschland doch mal schön gewesen sei. „Niemand versteht, was mit euch los ist.“ Ich lachte. Dann musste Admir los.

Das Domizil meiner Freunde

Nachdem ich wieder digitalen Empfang besaß, denn hier kostet 1 MB einen Euro, schrieb ich Micha, ob sie mittlerweile auch in ihrer Behausung eingetroffen seien. Diese lag etwa zehn Kilometer weit weg an der “Ada Bojana”, eine klitzekleine Insel ganz im Süden Montenegros, direkt an der Grenze zu Albanien. Sie entschieden sich für ein Ferienhaus direkt an der Flussmündung, wo ich sie gegen Abend meistens besuchte. So auch am Tag der Ankunft.

Die kommenden Tage ließen wir es uns einfach nur gut gehen und genossen das entschleunigte Leben in vollen Zügen. Meistens holten mich Grit und Micha vormittags ab und wir fuhren in die etwa 20 Kilometer entfernte Bucht, die außerhalb der Hauptsaison kaum jemand besucht. Manchmal gingen wir nach erfolgreichem Sonnenbad essen, aber meist verschlug es uns ins „VOLI“, eine Art „Kaufland“, wo wir uns mit montenegrinischen Zutaten für ein heimisches Gelage ausrüsteten. Es war herrlich.

Abstecher ins Landesinnere

Meiner Kamera und mir dürstete es jedoch nach mehr als Meer. Und so beschloss ich, einen Ausflug ins Hinterland zu machen. Der einzige Grenzübergang zu Albanien in der Nähe, lag etwa 40 Kilometer weit weg. Also nichts wie hin. Ich ließ Ulcinj hinter mir und drang immer tiefer ins Landesinnere ein. Es war eine kurvenreiche Fahrt, die mich durch wunderschöne Landschaften führte. Vorbei an gigantischen Schluchten und steppenartigen Berghängen, erreichte ich nach circa einer Stunde die Grenze. Doch mich erwartete eine ellenlange Schlange, so dass ich mich dagegen entschied Albanien zu besuchen und stattdessen ins Landesinnere von Montenegro fuhr. Meine Tour führte mich zum größten See Südeuropas, den „Skadarsko Jezero“. Ein wahres Juwel. Die Aussicht ist atemberaubend. Ich verweilte eine ganze Weile hier und träumte vor mich hin. Dann fuhr ich weiter und betrat unbekanntes Terrain. Enge Straßen zwingen jeden Autofahrer dazu äußerst vorsichtig zu fahren. Ich war wirklich froh darüber, dass ich mich dazu entschied, diese Gegend zu erkunden. Es ist kaum möglich, diesen bezaubernden Landstrich würdig zu beschreiben in dem schon die damaligen Winnetou-Filme teilweise gedreht worden sind. Ich denke, Bilder sagen mehr als Worte.

Die letzten Tage

So verstrichen die Augenblicke und das Ende nahte. Nach neun Tagen war es Zeit, Lebewohl zu sagen. Schweren Herzens mussten wir wieder Abschied nehmen. Vorbei die Zeit, in der die Heimat fast vergessen schien und man sich ausmalte, wie es wohl wäre, hier zu leben. Aber so ist nun mal das Leben, alles beginnt und alles endet. Also stiegen wir in unsere Japaner und fuhren gen Heimat. Auf dem Rückweg verblieben wir noch ein paar Tage in Kroatien. Eine Nacht in Split und den Rest in Istrien. Es war ein schöner Ausklang. Glücklicherweise hatte Vedrana noch ein Zimmer für mich frei, so dass ich erneut mein Lieblingsdomizil beziehen konnte. Hier lernte ich sogar noch Deutsche kennen. Franziska, Ulrike und Frank. Trotz leichter politischer Differenzen verstanden wir uns prächtig und genossen den letzten Abend unter kroatischem Sternenhimmel in vollen Zügen, bevor es für mich zurück in die Heimat ging.

Ich könnte noch soviel mehr berichten über dieses faszinierende Land. Etwa über die Ausgelassenheit der Menschen hier und dem wahrhaft wohlschmeckenden Essen. Ich könnte über eine tolle Marketingstrategie schreiben, die von Schlaglöchern und einer Werkstatt handelt. Der Begegnung mit Mafiosos, der Unterhaltung mit Auswanderern wie Mario, den Verlust meines Ausweises, der mannigfaltigen Jugend, der wohltuenden Spritkosten, dem kilometerweiten Sandstrand, der Lichtpflicht, Windrädern, oder Ampeln, die nur zeitweise Lust hatten, zu leuchten. Zuviel für einen Artikel. Allein über die Heimreise hätte ich zwei Artikel schreiben können. Ich kann nur sagen, kommt her und erlebt es selbst.

Mittlerweile sind schon wieder einige Wochen vergangen und noch immer zehre ich von meinen Eindrücken. All die Menschen die ich traf, werde ich nicht mehr vergessen. Auch ihnen ist dieser Artikel gewidmet. Irgendwann werde ich wiederkommen und bis dahin bleibt Montenegro stets in meinem Herzen.

Doviđenja!

Friedenstaube

Ein Zeichen für den Frieden

Vergangene Woche entdeckte ich einen Flyer mit einer Friedenstaube darauf. Dort stand geschrieben: “Menschenkette. Protest gegen die Panzerlieferung. Frieden, Heizung, Brot statt Waffen, Krieg und Tod.” Erfrischend, dachte ich mir. Mal etwas anderes als die Montagsspaziergänge, die zwar immer noch in Wittenberg stattfinden, aber leider bei vielen Menschen keine positiven Assoziationen mehr hervorrufen. Corona war der Auslöser für das wöchentlich stattfindende Ereignis. Nachdem dieses Thema in den Hintergrund gerückt ist, gab es keinen Grund mehr für viele, montags auf die Straße zu gehen. Der Spaziergang aber lebt weiter. Nur wofür er nun noch steht, wissen die meisten Menschen nicht. Da ist ein Aufruf zu einem ganz konkreten Thema, eine gute Alternative.

Eindrücke

Die Kamera im Gepäck, düste ich bei herrlichstem Sonnenschein gen Treffpunkt, der an einer viel befahrenen Straße unweit des Stadtzentrums lag. Das Auto geparkt, ein paar Hände geschüttelt, fing ich an, den Auslöser zu betätigen und meine Eindrücke festzuhalten. Es herrschte eine angenehme Stimmung. Die Menschen waren trotz des freudlosen Themas, heiter und herzlich. Sie lächelten in meine Kamera und ließen sich ganz entspannt ablichten. Sie schwenkten ihre Friedensfahnen und winkten den Autofahrern zu, die das Treiben unterschiedlich aufnahmen. Doch meistens waren sie erfreut und drückten ihre Zustimmung durch lautes Hupen aus.

Begegnung

Als ich einige Aufnahmen im Kasten hatte, begab ich mich auf die andere Straßenseite, um von dort aus alternative Perspektiven aufzunehmen. Gerade positionierte ich mich, als mir jemand auf die Schulter klopfte und mich auf Russisch ansprach. Eine ältere Dame und ihr Mann (wahrscheinlich) wollten offensichtlich wissen, was hier los war. Die Frau begann in ihr Handy zu sprechen, und ließ sie per Google Translator ins Deutsche übersetzen. Schnell fand ich heraus, dass es eine ukrainische Familie aus Cherson war, deren Haus unter Beschuss stand und ihnen nichts mehr geblieben sei. Ich drückte mein Bedauern aus und konnte nachvollziehen, dass die Beiden die Situation ganz anders beurteilen.

Immer wieder tauschten wir unsere Standpunkte aus und reichten das Handy hin und her. In der Kürze der Zeit ließ sich natürlich kein tiefgründiges Gespräch führen. Dennoch versuchte ich ihnen zu vermitteln, dass wir als Deutsche alles dafür tun sollten, den Frieden zwischen den verfeindeten Parteien anzustreben und nicht permanent die Dinge weiter eskalieren zu lassen. Wir sollten keine Waffen und Panzer senden. Die Menschen hier stehen für Diplomatie. Deutschlands Politiker sollten verhandeln! Das ist die Botschaft! Als ich ihr das in ihr Handy diktierte und sie der Übersetzung lauschte, erhielt ich ein nachdenkliches Zustimmen und wir drückten uns anschließend. Ich verabschiedete mich und widmete mich wieder der Kundgebung.

Das Ende eines schönen Tages

Mittlerweile setzte die Dämmerung ein und die ersten Teilnehmer verließen das Treffen. Ich unterhielt mich noch etwas mit dem Ein oder Anderen, verteilte ein paar Visitenkarten und ging dann auch meiner Wege.

Einige hundert Menschen trafen sich hier an diesem Samstagnachmittag. Ihre Botschaft war Frieden. Es war ein leiser Appell, den die Menschen unserer Politik und dem Zeitgeist zuriefen. Wahrscheinlich bleibt er ungehört, aber dennoch möchte ich ihnen hiermit etwas Hoffnung geben. Ihnen mitteilen, dass es durchaus Seelen gibt, die ihnen zuhören und verstehen, was sie fühlen. Sicher nicht heute, aber irgendwann in ferner Zukunft wird es vielleicht eine bessere Zeit geben und die Menschen dort, sollen wissen, wer für Diplomatie und Frieden stand.

Dies ist eine Erinnerung.

Vergangenheit und Zukunft

Einsicht

Da liegt es nun, das vergangene Jahr. Etwas mitleidig betrachte ich es. Ungläubig, ja fast paralysiert schaue ich es an und scheine es immer noch nicht zu fassen, was es mit uns gemacht hat. Ich möchte mich schütteln, mich besinnen und einfach weitergehen, aber ich kann nicht. Unnötig, all die Dinge zu kommentieren, die uns tagtäglich um den gesunden Menschenverstand geschleudert worden sind. Ein Wunder, dass die meisten Menschen, die dem in irgendeiner Weise entgegentraten, überhaupt noch bei klarem Verstand sind oder die Energie aufbringen, weiter zu machen. Nunja, es gibt Ausnahmen. Einige dieser Ausnahmen wurden sogar ins Gefängnis gesteckt.

Und ich? Nun, ich schwanke permanent. Mal möchte ich gegen das Unausweichliche ankämpfen und dann wiederrum betrachte ich uns von außen und muss betreten das Haupt senken. Sagen:, “Aufhören! Es geht nicht so – nicht mehr! Niemand hört mehr zu!” Wäre es vielleicht klüger, sich eine Weile bedeckt zu halten? Wäre es nicht besser, sich geschlossen zurückzuziehen und abzuwarten, bis diejenigen, die uns als Querulanten und Nörgler betitulieren, selbst erkennen, dass wir gar nicht so falsch lagen mit unseren bedrohlichen Annahmen? Es scheint mir jedenfalls eine überlegenswerte Option zu sein.

Wenn ich mir vor Augen halte, was wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben, welche Energie wir aufbrachten, um dem Unrecht etwas entgegenzusetzen, dann kann man schon stolz darauf sein, denn dadurch entstand soetwas wie Hoffnung. Hoffnung, dass wir unsere Mitmenschen erreichen. Dass die Anliegen Gehör finden bei Ihnen und dass Sie sich uns anschließen. Doch leider ist nichts geschehen. Unsere Argumente wurden nicht gehört, im Gegenteil, sie wurden stets verachtet und verlacht, bis heute. Trotzdem sich die gesellschaftliche Lage spürbar für die Allermeisten verändert hat, reichte es nicht aus, sie zum Mitmachen zu bewegen. Schade, denn nur mit ihnen gemeinsam hätten wir etwas bewegen können. Nun finde ich Spaltung, Missgunst und den Schritt in die Bedeutungslosigkeit vor.

Was nützt es auch, immer und immer wieder den Ist-Zustand zu kommentieren und sich die alltäglichen Unglaublichkeiten gegenseitig hin und her zu schicken? Wem soll das etwas nützen außer, dass es uns nur noch mehr in Rage verfallen lässt? Ja, ich weiß, was das WEF vorhat. Wahrscheinlich leben wir tatsächlich in einer anderen Welt als die Meisten. Dann soll es so sein. Ich für meinen Teil, habe meinen Frieden damit gemacht und dokumentiere weiterhin den, aus meiner Sicht, vorsätzlichen Verfall dieser Gesellschaft und versuche Brücken zu bauen, in der Hoffnung, dass sich doch am Ende alles zum Guten entwickeln wird. Ich versuche es jedenfalls auf meine Weise.

Meiner Leidenschaft, der Fotografie bin ich jedenfalls treu geblieben und habe viele Augenblicke festgehalten im Laufe dieses Jahres. Zeit, die Erfahrungen noch einmal Revue passieren zu lassen.

Der Fels in der Brandung

Mein erstes großes Projekt im vergangen Jahr fand an einem kalten Februartag in der Nähe von Berlin statt. Erneut besuchte ich Manuel, auch bekannt unter seinem Künstlernamen Paart MC. Schon einmal widmete ich mich seiner Kunst und verfasste einen Artikel über ihn. Diesmal jedoch sollte es noch etwas mehr sein als nur reine Fotos und wir beschlossen, uns an ein Musikvideo zu wagen. Wie es dazu kam, was daraus entstand und ob es uns am Ende gefallen hat, was wir da fabrizierten, kann man in diesem Artikel erfahren.

Das Ende der Geduld

Mein nächster Artikel handelte von den Wittenberger Spaziergängen. Ich hoffte damit, den negativen Berichten etwas entgegensetzen zu können. Meine Erfahrungen waren wirklich schön. Zu dieser Zeit herrschte eine unbeschreiblich positive Atmosphäre auf der Straße. Man konnte den Aufbruch förmlich spüren. All diese Menschen mit samt ihren Ambitionen waren der Ansporn, etwas zurück zu geben und ihnen ein Andenken zu widmen. Ich verfasste also nicht nur diesen Artikel mit vielen Momentaufnahmen, sondern beschloss, auch ein Video unter dem Titel “Zeitzeugen”, zu veröffentlichen.

Alles was bleibt

Im Sommer des Jahres ging ich ein wenig in mich und sinnierte über das Vergangene. Ich betrachtete unser Tun und unser Sein als Ganzes und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Einigen schien ich aus der Seele zu sprechen, denn ich erhielt viele Rückmeldungen auf unterschiedlichsten Wegen. Ich schrieb über Sinn und Antrieb, über meine Einsichten und weshalb ich tue, was ich tue. Es war ein sehr persönlicher Artikel, der viel Gehör fand. Neben dem Rubikon, hielt ihn auch Gunnar Kaiser für erwähnenswert, was mich wirklich sehr gefreut hat.

Scharfe Schwerter

Im September traf ich den Künstler Martin Sprave, der hier in Wittenberg seine Kunst zur Schau stellte. Durch den Tipp eines Freundes erfuhr ich, dass er auf dem Marktplatz seine Werke ausstellte und sah mich sofort gezwungen, diese politischen Monumente fotografisch zu verewigen. Auch ihm widmete ich einen Artikel, der den Weg in mein Lieblingsmagazin Rubikon schaffte.

Die Verurteilten

Zu Guter Letzt in diesem Jahr, verfasste ich einen Artikel über den geschichtsträchtigen Reformationstag in Wittenberg, der zum Anlass genommen wurde, den Unmut gegen die Regierung in Form einer Demonstration zu veranstalten. Viele tausend Menschen sind aus ganz Deutschland gekommen und haben sich dem Protest angeschlossen. Trotz enormer Widrigkeiten, haben die Veranstalter es geschafft, ein imposantes Ereignis zu realisieren. Auch diesen Tag hielt ich in einem Artikel fest, den Mr. Dax. Dirk Müller freundlicherweise auf seiner Chaskursseite teilte.

Was uns erwartet

Was wird Sie uns bringen, die Zukunft? Wird die Gerechtigkeit triumphieren? Wird es unseren Mitmenschen wie Schuppen von den Augen fallen und werden sie realisieren, dass wir nicht ihre Feinde sind? Oder muss erst alles zusammenbrechen und das Elend vorherrschen, bis sich die Gesellschaft wieder besinnt und erkennt, was ihnen angetan wurde? Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, die Hoffnung stirbt nicht zuletzt, sie stirbt niemals.

Scharfe Schwerter

Heimweh nach Vernunft

Die Meisten kennen den Spruch vom ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission Jean Claude Juncker:

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Weit weniger bekannt ist diese Aussage von ihm:

“Wenn es ernst wird, muss man lügen.”

Ein erfrischend ehrlicher Satz, den er da von sich gab. Diese Fassaden verborgener Macht, äußern sich eben doch manchmal aus Versehen – oder mutwillig – erschreckend offen und beweisen damit, wessen Geistes Kind sie eigentlich sind. Es ist wirklich bedauerlich, dass dieses austauschbare Klientel die Richtung vorgibt.

Für sie sind wir Kinder. Es gibt viele brave Kinder, aber eben leider auch die anderen, die kleinen ungezogenen Gören, die einfach nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben wollen und gezüchtigt werden müssen. Die Dressur scheint ein probates Mittel zu sein. Es ist fast so, als ob die Stöckchen stetig höher positioniert werden, über die wir nutzlosen Menschen springen dürfen. Immer höher, bis uns die Luft ausgeht. Der Wahnsinn ragt mittlerweile so dermaßen in unaussprechliche Höhen, dass man kaum mit der Verarbeitung hinterherkommt. Was tun, gegen die zwangsweise entstehende Ohnmacht? Welche Superlative soll man noch verwenden, um das aktuelle Zeitgeschehen realistisch zu beschreiben? Was muss noch alles passieren, bis wir es endlich schaffen, ideologiebefreit zusammenzustehen?

Sie setzen uns Hassfiguren vor, bis der Auftrag erfüllt und alles zerstört worden ist. Dann endlich, werden uns die “vom Licht geküssten Retter” auf ihren weißen Pferden ereilen und uns von allem Leid “befreien”. Und natürlich wird wieder nichts in den Geschichtsbüchern davon stehen, dass dieses Ereignis orchestriert worden ist. Das Traurige dabei ist, dass die Legionsaufseher erneut nicht im Entferntesten bemerken, dass sie Teil eines viel größeren Plans sind. Unbeeindruckt von der eigenen Ahnungslosigkeit, marschieren sie immer weiter auf dem Pfad des Untergangs, bis ihnen ihre beispiellose Unfähigkeit blutig aus den Augen quillen wird. Ununterbrochen kämpfen sie gegen jegliche Vernunft und ihren eigenen Verstand. Ihr gedankliches Gebilde, das gerade benötigt wird, um Menschen einzuengen, zu belehren und ihrer Kultur zu berauben, ist offenkundig nicht ausreichend beseelt, um zu erkennen, wessen nekrotischem Konstrukt sie gerade folgen. Vielleicht sind Worte zu schwach oder zumindest nicht ausreichend, um das wahrhaft Böse angemessen zu beschreiben. Gut, dass es da Alternativen gibt.

Ton als Mittel der Kunst

An diesem Sonntag schickte mir ein Freund ein Foto, auf dem eine Statue zu sehen war mit dem Zusatz: – “Steht hier, auf dem Wittenberger Töpfermarkt.” – Ich musste zweimal hinschauen. Ein Soldat in grün-brauner Uniform und dem darunter eingravierten Satz: “Grün ist das neue Braun”. Im Hintergrund der Aufnahme erkannte ich eine weitere Skulptur, die ich nicht ganz einordnen konnte, die aber dennoch meine Aufmerksamkeit erregte. Ziemlich progressiv, fand ich im ersten Moment. Mein Interesse war sofort geweckt und ich beschloss, mich auf die Socken zu machen, um mir das Ganze persönlich anzusehen. Gesagt, getan, packte ich meine Kamera ein und fuhr zum Marktplatz.

Es war ziemlich viel los an diesem sonnigen Tag. Ich betrat den historischen Ort, lauschte den am Rande stehenden Musikern und genoss die appetitlichen Gerüche der Flammkuchenstände. Ich schaute mich um und sah eine Menge Menschen an den einzelnen Verkaufszelten neugierig die liebevoll gestalteten Kunstwerke begutachten. Doch die größte Menschentraube stand bei den aufsehenerregenden Tonfiguren, die ich mir unbedingt näher ansehen wollte. Ich nahm viele schmunzelnde Leute wahr, die diese Werke mit ihren Handys verewigten und kaum glauben konnten, dass solche, doch recht provokanten Kunstwerke präsentiert werden in einer Zeit der politischen Korrektheit. Das muss jemand mit Rückgrat gemacht haben, einer, der den Gegenwind genießt.

Bruder im Geiste

Ich ging an den Stand und sprach den Herren an, von dem ich annahm, dass er der Künstler dieser imposanten Tonfiguren war und lag richtig. Martin Sprave kommt bereits zum zehnten Mal nach Wittenberg und präsentiert seine Kunstwerke. Der Westfale bereist ganz Deutschland und erlebte bisher ausschließlich positive Resonanz auf seine Arbeit. Das hat mich doch sehr gewundert, aber auch gefreut für ihn. Wir unterhielten uns ein wenig über sein Leben, was er zur Kunstszene meint, wie sein Umfeld so denkt und darüber, dass im Westen Deutschlands deutlich weniger Menschen auf die Straße gehen als hier. Ganz klar ein Bruder im Geiste, der das Herz am rechten Fleck trägt und sich mithilfe der Kunst gehörig Ausdruck verleiht. Es ist seine Art, all diese verderbten Marodeure zu entlarven und mit dem Finger auf sie zu zeigen.

Schließlich verabschiedete ich mich von ihm. Er gab mir noch seinen Flyer mit auf den Weg und betonte, dass ich die Aufnahmen gerne verbreiten und über seine Arbeit schreiben könne.

Ebenso wie viele andere, die auf unterschiedlichsten Wegen ihren Zorn friedlich zum Ausdruck bringen, nutzt auch Martin Sprave die Kunst dafür, um nicht leise zu sein und diesem gesichtslosen Alptraum etwas entgegenzustellen, denn die Kunst ist und bleibt ein verdammt scharfes Schwert.

Ich bin sehr froh darüber, ihn kennengelernt und seine Werke festgehalten zu haben. Wer sich näher mit seinen Arbeiten beschäftigen möchte, der kann dies auf seiner Website tun: http://www.madian-art.de

Alles was bleibt

Eingeständnis

Schon seit geraumer Zeit versuche ich Worte zu finden, die das Unfassbare angemessen beschreiben könnten. Oft fing ich an und hörte dann doch wieder auf, da alles schon gesagt worden ist. Auf sämtliche Defekte dieser Gesellschaft wurde in jedweder Form hingewiesen, doch die Masse der Menschen möchte sie offensichtlich nicht wissen. Ich werde das nicht ändern. So gern ich sie erreichen will, ich erreiche sie nicht. Wir alle erreichen sie nicht, egal was wir tun. Sie werden uns erst hören, wenn es zu spät sein wird. Sich das einzugestehen, war nicht leicht.

Also wozu noch etwas schreiben? Ich dachte lange darüber nach. Stets mit der Kamera ausgerüstet, ging ich des Öfteren in die Natur oder fuhr umher, ohne zu wissen, wohin ich will. Ich sinnierte über die Energie, die wir auf die Straße brachten, die Hoffnung, die wir hatten, in diesem kurzen Zeitfenster tatsächlich so etwas wie eine Wende herbeizuführen. In Gedanken vereint, fühlten wir uns, als könnten wir diesem Unrecht die Stirn bieten und glaubten daran, dass der Funke der Wahrheit auf unsere Mitmenschen überspringt. Nach zwei Jahren des Kampfes muss ich jedoch konsterniert feststellen, dass die Dinge noch schlimmer geworden sind und die Wut der Verzweiflung gewichen ist. Mittlerweile habe ich meinen Frieden damit gemacht, dass diese Gesellschaft am Ende ist.

Sinn und Antrieb

Also noch einmal, wofür das alles? Wozu noch etwas schreiben? Ich habe für mich eine Antwort gefunden. Ich tue es für die Nachwelt. Für die Zeit, die nach der unvermeidlichen Katastrophe hoffentlich existieren wird. Ich dokumentiere und beweise damit, dass nicht Alle blindlings folgten. Dass es Menschen gab, die hinterfragten, die die Dinge als Ganzes betrachteten, die ihr ungutes Gefühl nicht einfach unterdrückten und sich dem Unrecht entgegen stellten, wohl wissend, ignoriert, diffamiert und ausgegrenzt zu werden. Auf der Website “ich-habe-mitgemacht.de” gibt es eine beeindruckende Liste von Personen, die sich in den letzten zwei Jahren ganz besonders hervorgetan haben. Der Philosoph Gunnar Kaiser stellte vor Kurzem die Frage, wie man mit eben jenen Teil der Gesellschaft umgehen soll und jetzt durch den veröffentlichten Evaluationsbericht eines Besseren belehrt worden ist. Entgegnet man ihnen mit Vergebung oder Vergeltung? Diese Frage brachte mich zum Nachdenken. Wahrscheinlich könnte ich sie jeden Tag anders beantworten, denn mein emotionales Pendel schlägt stetig in eine andere Richtung aus. Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich kann keine eindeutige Antwort darauf geben. Wahrscheinlich habe ich nur einen Wunsch, Gerechtigkeit.

Sagen, was ist

Vielleicht gibt es sie gar nicht diese Gerechtigkeit. Wahrscheinlich haben wir uns noch nie tatsächlich verändern können als Spezies Mensch, denn diese Probleme, die es heute gibt, gab es auch schon Jahrtausende zuvor, nur auf andere Art und Weise. Wie oft setzte sich der psychopathischste Auswurf an die Spitze einer Gesellschaft, welcher wie ein Pilzmyzel die Nation unter sich erstickte. Es wird immer Gewinner und Verlierer geben, Herrscher und Beherrschte und jede noch so harmonische Zeit des Aufbruchs wird wieder und wieder vernichtet, bis ein kurzer Moment des Friedens ausbricht, bevor sich das Rad erneut von vorne dreht. Eigentlich ernüchternd, aber andererseits besteht das Leben nun einmal aus Geburt und Tod. Alles beginnt und alles endet. Warum dagegen ankämpfen?

Auch wenn uns eine schreckliche Zeit zu drohen scheint, so baut mich der Gedanke auf, dass es auch immer ein “danach” geben wird. Ganz egal, wie es dann aussehen mag, die Natur und die Schönheit bleibt bestehen. Einen Teil von ihr hielt ich in den letzten Monaten fest. Vielleicht animiert sie, sich für einen Augenblick an ihr zu erfreuen und Kraft zu schöpfen, denn sie ist alles, was bleibt.

Das Ende der Geduld

Ein kleines Sprüchlein lautet:

“Ohne WHO keine Pandemie, ohne WEF kein Great Reset, ohne NATO kein Krieg und ohne EZB keine Inflation. Das Leben könnte so schön sein.”

Ja, ziemlich polemisch. Aber knapper lässt sich das organisierte Verbrechen nicht beschreiben. Im Laufe der Jahrzehnte scheint etwas unbemerkt in die Gesellschaften infiltriert worden zu sein. Etwas, was ich nicht zu beschreiben vermag. Eine Art Geisteshaltung, eine Mentalität, etwas, was sich nicht anfassen lässt. Es ist, als gehe eine Saat auf, die vor langer Zeit gelegt worden ist. Anders lassen sich diese grotesken Entwicklungen dieser Welt kaum mehr rational erklären.

Unerheblich welchem gesellschaftlich relevanten Thema ich mich auch widme, ich sehe überall nur Lüge und Zerstörung. Ich schaue mich um und bekomme den Mund nicht mehr zu. Fast schon paralysiert stehe ich am Rand des Spielfelds und ertappe mich dabei, wie eine milde Form der Ehrfurcht in mir entsteht, wenn ich mir den bisherigen Erfolg der Architekten vor Augen führe, die sich ihre ganz eigene Welt erschaffen wollen. Ihnen ist bewusst, wie sie uns dazu bringen können, dass wir in dreißig Jahren ihren Wünschen entsprechen und dass dies nicht von einem auf den anderen Tag zu vermitteln ist. Dafür sind Etappenziele von Nöten. Ihnen ist klar, dass die Masse der Menschen für bare Münze hält, was ihnen die etablierten Sendeanstalten präsentieren. Sie wissen, dass die meisten Menschen anschließend mit jenen Argumenten bewaffnet, ihr Weltbild formen und Streitgespräche führen, gegen die niemand ankommen wird. Ihnen ist ebenfalls bewusst, dass dies natürlich auch für die Gegenseite, die wenigen Zweifler gilt, denn auch sie verteidigen ihr alternatives Weltbild vehement. Dabei spielt es für sie keine Rolle, wer Recht hat. Sie können alles verkaufen. Jeder noch so große Betrug wird vom größten Teil der Gesellschaft unhinterfragt geschluckt. Wie das möglich ist bei all den bereits bewiesenen Lügen der Vergangenheit, bleibt ein Mysterium. Auch das ist den Architekten sicher nicht unbekannt.

Geplant wird in Generationen, nicht in Wochen oder Monaten. Kaum etwas geschieht aus Zufall. Wäre ich ein Mensch mit Gottkomplex und voller Niedertracht, würde ich es nicht anders angehen. Sie haben die Welt in ein menschenfeindliches Biotop verwandelt und weiten den Nährboden stetig aus, um die gesamtgesellschaftliche Oligophrenie weiter voranzutreiben. Leider klappt es. Die Naivität und die Gutmütigkeit der Menschen, wird gnadenlos ausgenutzt. Das Ergebnis dessen, sieht man gerade live.

Schauen wir uns nur an, wo wir hingekommen sind. In was man uns hineinmanövriert hat. Die Vernunft scheint ausgerottet. Hetze und Fehlverhalten wird legitimiert. Der Plan ging auf, die Menschen bis ins Mark zu spalten, so dass es zu keiner Versöhnung mehr kommen kann. Der Zorn ist ein steter Begleiter geworden, seitdem die Freiheit schwand und die Einflussnahme von Machtpolitik und Wirtschaftsmonopolen in großen Schritten voranging. In Details zerstritten, bleibt der Widerstand gelähmt und kann nicht wachsen. Um wirklich etwas bewirken zu können, müssen diese Gräben überwunden werden. Wir sind angehalten uns alle zu vereinen, um dem Syndikat entschlossen entgegen treten zu können. Ich kann nur versuchen dafür zu werben, denn einzig die Masse an Menschen, die dieses Spiel nicht mehr mitspielt, wird den Spuk beenden können. Jeder der fühlt, dass hier etwas nicht stimmt und dass die Sache nicht gut ausgehen wird, sollte sich gemeinsam mit all den anderen auf der Straße wiederfinden, die bereits seit zwei Jahren ihren Unmut kundtun. Die Gegenwehr sollte sich nicht nur auf das eine große Thema beschränken, sondern geöffnet werden für weitere Missstände, die angeprangert, beendet und verhindert werden müssen. Nur gemeinsam sind wir stark! Wenn das Unrecht einmal installiert worden ist, dann gibt es kein Zurück mehr. Es liegt an uns, das zu verhindern.

Über viele Monate habe ich die Spaziergänge in meiner Heimatstadt Wittenberg begleitet. Sie alle eint das Gefühl der Fassungslosigkeit und der Ohnmacht. Jeden Montag gehen sie auf die Straße und versuchen auf friedliche Art und Weise ein Zeichen gegen das schreiende Unrecht zu setzen. Sie alle plagen die gleichen Fragen: was tun? Wie umgehen in einer Zeit, in der man sich unverstanden fühlt und in der Andersdenkende mit keinerlei rationalem Argument mehr zu erreichen sind? Wohin mit all dem Schmerz und der stets begleitenden Ohnmacht? Der Klimax sämtlicher Gipfel scheint erreicht zu sein. Dieser Planet scheint zu klein für den Kummer. Er bietet nicht genug Schutz. Seine Schultern sind zu schwach, als das jene genug Trost spenden könnten. Wie viel Geduld kann man noch aufbringen? Wann ist das Ende der Geduld erreicht? Und was kommt danach? Wie verhindern wir es, dass es in der Zukunft wieder zu den gleichen Strukturen kommt? Können wir das überhaupt?

Es gibt viele gute Ansätze, wie man die Dinge zum Positiven ändern könnte, aber solange die Macht an anderer Stelle sitzt, glaube ich nicht, dass sich dahingehend etwas bewegen lässt. Sicher, man könnte versuchen in einer kleinen Gemeinschaft ein Gegenmodell vorzuleben, aber auch dies wird keine Resonanz erfahren in der breiten Masse. Letztendlich wird es nur mit all den Andersdenkenden den Ansatz einer Änderung geben können. Auch wenn es kaum vorstellbar erscheint, aber nur die Wucht der Vielen kann eine politische Wende herbeiführen. Deswegen werbe ich, trotz des Zorns, der auch in mir brodelt, immer wieder für das Brückenschlagen mit allen Teilen der Gesellschaft. Erst wenn wir diesen Traum tatsächlich realisiert haben und wir Hunderttausende in jeder Stadt sind, besteht Hoffnung auf echte Veränderung.

Wir sind Zeitzeugen dieses unfassbaren Unrechts. Mögen nachfolgende Generationen unsere Taten nicht vergessen.