Steiners Zuckertüten

Es ist Mitte August. Einschulung, und ich mittendrin. Kinder habe ich nicht, soweit ich weiß, also wie konnte es dazu kommen? Estelle heißt der Grund. Die Tochter meiner guten Freundin Fahima und ihrem Mann Thomas. Vor einigen Jahren begleitete ich die junge Familie einen Tag lang und verfasste einen kleinen Artikel darüber. Der kleinen Estelle blieb der Tag so sehr in Erinnerung, dass sie mir eine Einladung schickte und mich zu ihrer Einschulung einlud. Welch Ehre. Na klar komme ich vorbei.

Ein neuer Lebensabschnitt

Eine Stunde Autofahrt musste ich einplanen. Die Kamera eingepackt, düste ich also los und traf gerade noch rechtzeitig ein. Die Freude war groß. Fahima, Thomas und das kleine Brüderchen von Estelle hielten mir einen Platz frei. Somit hatte ich eine perfekte Sicht auf die Zeremonie.

Inmitten der prallen Sonne, dieser Tag muss der heißeste des Sommers gewesen sein, wollte ich gerade meine Kamera herausholen und ein paar Aufnahmen machen, da hörte ich in der Eröffnungsrede, dass ein professioneller Fotograf engagiert wurde, um Blitzlichtgewitter zu vermeiden. Okay, dachte ich mir. Dann mache ich nur heimlich ein oder zwei Bilder, verschmitzt wie ich bin. Natürlich war die kleine Estelle aufgeregt. Doch nicht nur sie, auch alle anderen zwanzig Sprösslinge, umringt von ihren glückseligen Eltern, platzten vor Spannung und Vorfreude. Man merkte deutlich, wie viel Energie alle Beteiligten investierten, um diesen einzigartigen Tag zu etwas Besonderem zu machen. Es gab Reden, Gesangseinlagen und sogar ein Theaterstück. Vom gigantischen Buffet, welches viele Eltern organisierten, will ich gar nicht erst anfangen. Ulrike, die Klassenleiterin konnte alle Namen der kleinen ABC Schützen auswendig und bat jeden einzelnen von ihnen nach vorn, um ihn auf das Herzlichste zu begrüßen. Anschließend wurden sie in ihr Klassenzimmer geführt, um sich einander beschnuppern zu können und erste Eindrücke zu erhaschen. Die Angehörigen und Besucher machten sich währenddessen über das köstliche Bankett her. Leider hatte ich keinen großen Hunger, sodass es nur bei ein paar Gläsern Orangensaft blieb.

Nach etwa einer Stunde endete die ganze Veranstaltung. Die Schüler kamen aus Ihrer ersten Stunde und posierten zum Abschluss noch einmal für den Fotografen. Nachdem auch ich noch ein paar Aufnahmen im Kasten hatte, gingen wir zusammen mit einem befreundeten Elternpaar in den nahegelegenen Park, um endlich die heißersehnten Zuckertüten zu öffnen, worauf sich die Kleinen natürlich am allermeisten freuten. Ich lief noch ein wenig durch den Park und machte hier und da ein paar Bilder, bevor wir zum Mittagsmahl in ein nahegelegenes Restaurant fuhren. Dort trafen wir dann auch Fahimas Schwester und ihre Angehörigen. Ab diesem Zeitpunkt packte ich meine Kamera ein und genoss den restlichen Tag, der erst am späten Abend enden sollte.

Eine einzigartige Erfahrung

Warum berichte ich eigentlich über eine Einschulung? Was ist daran jetzt so spannend? Nun, abgesehen von diesem besonderen Ereignis, was ich hiermit für Fahima und ihre Familie fotografisch festhalten möchte, dachte ich mir, es ist vielleicht gar nicht so uninteressant, ein paar Worte darüber zu verlieren, um was für eine Schule es sich handelt, die Estelle nun die kommenden Jahre besuchen wird. Es ist nämlich eine Waldorfschule.

Die Schule wurde 2019 von vier engagierten Müttern gegründet, die dieses Mammutprojekt in den ersten drei Jahren aus eigener Kraft stemmten. Ich mag mir gar nicht vorstellen, durch welches bürokratische Minengebiet sie da laufen mussten. Aber ganz offensichtlich war die Überzeugung so groß, dass auch diese Hürden erfolgreich überwunden worden sind. Jetzt, da ihr Traum Realität ist, können Sie sich dem schrittweisen Ausbau ihres Projekts widmen und für dieses außergewöhnliche Konzept versuchen, neue Interessenten zu gewinnen.

Wie fast jeder andere Normalsterbliche besaß auch ich die typischen Vorurteile und dachte sofort an tanzende Namen. Ich realisierte jedoch sehr schnell im Laufe des Tages, dass sich eindeutig mehr dahinter verbirgt.

Der Schulalltag

Wie sieht denn jetzt so ein Alltag in einer Waldorfschule aus? Nun, ich habe nur Bruchteile dieses fremden Universums in Erfahrung bringen können, aber die, die ich habe, möchte ich gerne teilen.

Hier scheint es keine Hierarchien zu geben. Die Lehrer hier nennen sich Schulbegleiter und stehen den Schülern viele Jahre lang zur Seite. Doch sind sie nicht die Einzigen, die ihnen dabei helfen, das nötige Rüstzeug für ihr zukünftiges Leben zu erwerben. Neben Architekten und Landwirten, die ihr Wissen zur Verfügung stellen, gibt es auch Paten. Also Kinder einer höheren Jahrgangsstufe, die sich mit den Erstklässlern zusammentun und voneinander lernen.

Schier alles scheint sich von einer Regelschule zu unterscheiden. Angefangen bei der Einrichtung des Klassenraums, den “Lehrfächern”, bis hin zur Benotung. Es gibt sie nicht. Bis zur achten Klasse. Doch betrifft das nicht nur die Noten, es gibt auch keine Lehrbücher. Die Neuankömmlinge erhalten ein leeres Buch, was sie im Laufe der Jahre selbst ausfüllen. Jegliches erworbenes Wissen wird hier hineingeschrieben. Pauken ist ein Fremdwort. Hausaufgaben sind selten. Einen Stundenplan sucht man hier ebenfalls vergebens. Es gibt einen thematischen Überbau, den sogenannten “Epochenunterricht”, der sich über Monate hinweg ausdehnt. Beispiele wären das “Römische Reich” oder der “Mittelalterliche Ackerbau”. Gelernt wird durch aktive Betätigung. Die Schüler graben den Garten um, bauen einen Ofen aus Ton, sammeln Kräuter oder backen ihren eigenen Kuchen. Alles erlernte soll auch erlebt werden.

Der Medienkonsum wird so weit wie möglich vermieden, gegendert wird nicht und Englisch gibt es von Klasse eins an. Auf künstlerisch-handwerkliche Fächer wird besonders großen Wert gelegt. Lernen ohne Druck, heißt die Devise. Die Priorität liegt in der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der Weiterentwicklung von Körper und Geist. Inwieweit sich das Ganze in der Praxis realisieren lässt, werde ich sicher bald erfahren.

Zurück zum Ursprung

Doch wo liegt der Ursprung dieses schulischen Sonderwegs? Wer begründete dieses durchaus spannende Konzept? Es ist niemand anderer, wie Rudolf Steiner. Der gebürtige Kroate war auf so vielen Gebieten ein Genie, dass einem fast schon unheimlich werden kann. Er war Philosoph, Pädagoge, Reformator, Schriftsteller, Künstler und Theosoph. Er begründete die Eurythmie, Anthroposophie und die soziale Dreigliederung. Für jeden Aspekt bedürfte es eigene Artikel, um sie angemessen beschreiben zu können. Heruntergebrochen ging es ihm darum, den Menschen in seiner Gänze zu verstehen, und zwar über die rein körperliche Existenz hinaus.

Einer seiner größten Fans war offensichtlich Emil Molt, der damalige Chef einer Zigarettenfabrik, mit der er 1919 die erste Waldorfschule gründete und die fortan unter dem Namen „Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik“ existierte. Es war eine Art Betriebsschule für die Kinder der Mitarbeiter des Unternehmens. Sie waren die ersten Waldorfschüler und somit „Ahnen“ der kleinen Estelle.

Rudolf Steiner war und ist immer noch umstritten, natürlich, aber er hat etwas gewagt und seine Visionen umgesetzt. Allein dafür muss man ihm Respekt zollen. Ohne ihn wäre Fahimas Tochter heute nicht in dieser Schule und meinen Artikel würde es niemals geben.

Nach dem bisschen, was ich seither über ihn gelesen habe, verstehe ich Rudolf Steiner als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Welten. Der realen und der geistigen Welt. Denjenigen, die seine Ansichten teilen und denen, die es nicht tun. Und hier schließt sich der Kreis, denn ebenso wie er, verstehe auch ich mich als Brückenbauer zwischen den Welten, zwischen den Meinungen und Ansichten. Auch mir gelingt das nicht immer, aber ich versuche es. Vielleicht schaffe ich es hiermit, die Skepsis gegenüber Waldorfschulen etwas zu mildern. Mich hat der erste Eindruck jedenfalls neugierig gemacht.

Alles Gute für die Zukunft, Estelle!

Collagen

Ab und an erstelle ich Collagen von Menschen, deren Arbeit ich sehr schätze. Im besten Falle entsteht der Impuls zu recherchieren, sich mit ihrem Wirken auseinanderzusetzen und alternative Denkanstöße zu entdecken. Es gibt auch einige mit Antagonisten, die ich ebenfalls visualisiere und veröffentlichen werde. Die meisten Collagen sind groß genug, um sie ausdrucken zu können.

Durch Klicken auf die jeweilige Collage, gelangt man zur Druckversion.

Terra Incognita

Außerhalb der Hauptsaison fuhr ich getrennt mit meinen Freunden, Grit, Micha und Basti in das ehemalige Jugoslawien, um dem Alltag hierzulande für ein paar Tage zu entfliehen. Dies ist der zweite Teil meines Artikels. Den vorherigen gibt es hier.

Ankommen in Montenegro

1700 Kilometer und knapp 17 Stunden Autofahrt liegen hinter uns. Endlich erreichten wir unser Ziel: Montenegro, was soviel wie „Schwarzer Berg“ bedeutet und in dem sogar die D-Mark für einige Jahre offizielles Zahlungsmittel war. Ein kleines Fleckchen Erde im Süden der Adria, was unsere Herzen bald erobern sollte. Land und Leute brannten sich wortwörtlich in unsere Seelen ein. Und dabei haben wir nur einen Bruchteil dieser landschaftlichen Augenweide samt herzlicher Bewohner zu Gesicht bekommen, denn das Inland ließ sich nicht erschließen in neun Tagen. Unser steter Begleiter war das Meer. Es reichte schon aus, um uns vollends in den montenegrinischen Bann zu ziehen. Ich kann nur versuchen, die Magie einzufangen und wiederzugeben, was den Zauber Montenegros für uns ausmachte.

Erste Eindrücke

Die Grenze passiert, musste ich erst einmal den Motor stoppen und aussteigen. Dem Himmel entgegenblickend, realisierte ich, wie weit mein Wagen mich bereits gebracht hatte und wie fern der Heimat ich war. Ich genoss die fremden Eindrücke in vollen Zügen. Ich kenne die Bäume die hier wachsen, auch hohe Berge sind mir nicht fremd und doch war alles anders. Es unterschied sich sogar vom großen Bruder Kroatien. Montenegro ist EU Beitrittskandidat und profitiert somit nicht von Förderungen, wie sein großer Nachbar. Es wirkte im ersten Moment Ursprünglicher. Es schien selbständiger. Es fühlte sich nach mehr Ecken und Kanten an, weniger nach Akkuratem und Geöltem. Aber genau das gefiel uns.

Auf nach Ulcinj

Nun trennten uns nur noch knappe vier Stunden von unserem finalen Zielort Ulcinj am untersten Zipfel Montenegros. Natürlich benötigte ich mehr Zeit, da ich öfter anhielt um die Aussichten festzuhalten, die mir zuhauf begegneten. Kotor dürfte Einigen bekannt sein. Ein beliebtes Reiseziel, was ich mir auch zu Gemüte führen wollte. Leider musste ich mir dieses Vorhaben schnell aus dem Kopf schlagen, denn diese Stadt war hoffnungslos überfüllt. Da es in Montenegro bisher keine Autobahn Richtung Süden gibt, sind alle fahrbaren Untersätze dazu gezwungen, sich durch die teilweise wunderschönen Städte zu zwängen. Oft ging es nur mit 30 KM/h voran, aber mich störte das nicht weiter, da ich dadurch um so mehr Eindrücke der tollen Umgebung einfangen konnte.

Endlich am Ziel

Vorbei an Perast, Budva und Bar, erreichte ich endlich Ulcinj, was für neun Tage unsere Heimat sein sollte. Kurz vor Ankunft knurrte mein Magen. Ich musste Rasten. Mir stach eine prachtvolle Gaststätte am Straßenrand ins Auge. Art Taverna nennt sie sich. Ich hielt an und rief dem Wirt von Weitem auf Englisch zu: “Ist geöffnet? Ich sehe keine Gäste.” “Yes” erwiderte er freundlich. Geschafft von der Fahrt bestellte ich mir ein einheimisches Bier und frischen Fisch. Ich war begeistert vom Ambiente und fragte nach, ob ich ein paar Fotos machen könne. Wir kamen miteinander ins Gespräch und ich fand heraus, dass “Miqail” der Chef persönlich war und gerade Deutsch lernt. Teile seiner Familie wohnen in Deutschland. Was für ein Zufall dachte ich. Eine tolle erste Begegnung in Montenegro. Gesättigt und zufrieden zog ich weiter.

AM PALACE

Ein paar Minuten später erreichte ich das AM PALACE – mein finales Ziel. Was für ein prächtiger Bau. Es sah einladend und sehr modern aus. Gerade stieg ich aus dem Wagen, als mich zwei Männer freundlich begrüßten und mir mit ausgestreckter Hand entgegenkamen. Admir, der Chef persönlich und sein deutscher Freund Mario, der ihm offensichtlich bei der Instandhaltung des Gebäudes hilft. Ich fühlte mich sofort Willkommen. Admir, der sehr gut deutsch sprach, präsentierte mein Zimmer. Er bemerkte, wie beeindruckt ich war und führte mich noch ein wenig herum. Bevor wir uns uns auf seine wundervolle Terrasse auf dem Dach des Hotels setzten um ein wenig zu plaudern, servierte mir seine liebenswerte Mutter Enica noch ein phänomenales Mahl. Noch immer zehre ich von ihrer freundlichen Art und ihren vorzüglichen Kochkünsten.

Von Admir lernte ich einiges über die Geschichte des Landes, wovon ich Auszüge bereits im ersten Artikel erwähnt habe. Er erzählte mir, dass Montenegro der letzte Verbündete Serbiens war und sich erst 2006 abspaltete um eigenständig zu sein. Jedes Jahr wird dieses Ereignis ausgiebig gefeiert. “Es ist weniger konservativ. Es gibt viele Ethnien und Religionen”. Die Kriminalitätsstatistik sei sehr gering sagt er, selbst Beleidigung wird hart bestraft. “Verstehen Montenegriner die Kroaten, Serben und Slowenen?”, fragte ich. “Ja natürlich. Es sind nur unterschiedliche Dialekte. Wir verstehen sogar ein klein wenig polnisch und russisch. Die älteren haben es noch in der Schule gelernt, die jüngeren von den Touristen. Vor allem aber ist Montenegro ein Land, das vergleichsweise lockere Regeln hat für Ausländer, die eine Firma eröffnen wollen.” Und in der Tat. Es sind relativ viele russische Kennzeichen und Beschilderungen auf Kyrillisch zu sehen. Offensichtlich fühlen sich hier viele Russen noch wohl. Sicher keine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit.

Hauptsächlich lebt Montenegro, was das Ursprungsland Jugoslawiens ist, von der Landwirtschaft, dem Baugewerbe und vom Tourismus. „Was sagst du zur Situation in Deutschland?“, fragte ich ihn. Er antwortete ebenso schmunzelnd und ratlos, wie die Vermieterin von Grit und Micha, die etwas mitleidig anmerkte, dass Deutschland doch mal schön gewesen sei. „Niemand versteht, was mit euch los ist.“ Ich lachte. Dann musste Admir los.

Das Domizil meiner Freunde

Nachdem ich wieder digitalen Empfang besaß, denn hier kostet 1 MB einen Euro, schrieb ich Micha, ob sie mittlerweile auch in ihrer Behausung eingetroffen seien. Diese lag etwa zehn Kilometer weit weg an der “Ada Bojana”, eine klitzekleine Insel ganz im Süden Montenegros, direkt an der Grenze zu Albanien. Sie entschieden sich für ein Ferienhaus direkt an der Flussmündung, wo ich sie gegen Abend meistens besuchte. So auch am Tag der Ankunft.

Die kommenden Tage ließen wir es uns einfach nur gut gehen und genossen das entschleunigte Leben in vollen Zügen. Meistens holten mich Grit und Micha vormittags ab und wir fuhren in die etwa 20 Kilometer entfernte Bucht, die außerhalb der Hauptsaison kaum jemand besucht. Manchmal gingen wir nach erfolgreichem Sonnenbad essen, aber meist verschlug es uns ins „VOLI“, eine Art „Kaufland“, wo wir uns mit montenegrinischen Zutaten für ein heimisches Gelage ausrüsteten. Es war herrlich.

Abstecher ins Landesinnere

Meiner Kamera und mir dürstete es jedoch nach mehr als Meer. Und so beschloss ich, einen Ausflug ins Hinterland zu machen. Der einzige Grenzübergang zu Albanien in der Nähe, lag etwa 40 Kilometer weit weg. Also nichts wie hin. Ich ließ Ulcinj hinter mir und drang immer tiefer ins Landesinnere ein. Es war eine kurvenreiche Fahrt, die mich durch wunderschöne Landschaften führte. Vorbei an gigantischen Schluchten und steppenartigen Berghängen, erreichte ich nach circa einer Stunde die Grenze. Doch mich erwartete eine ellenlange Schlange, so dass ich mich dagegen entschied Albanien zu besuchen und stattdessen ins Landesinnere von Montenegro fuhr. Meine Tour führte mich zum größten See Südeuropas, den „Skadarsko Jezero“. Ein wahres Juwel. Die Aussicht ist atemberaubend. Ich verweilte eine ganze Weile hier und träumte vor mich hin. Dann fuhr ich weiter und betrat unbekanntes Terrain. Enge Straßen zwingen jeden Autofahrer dazu äußerst vorsichtig zu fahren. Ich war wirklich froh darüber, dass ich mich dazu entschied, diese Gegend zu erkunden. Es ist kaum möglich, diesen bezaubernden Landstrich würdig zu beschreiben in dem schon die damaligen Winnetou-Filme teilweise gedreht worden sind. Ich denke, Bilder sagen mehr als Worte.

Die letzten Tage

So verstrichen die Augenblicke und das Ende nahte. Nach neun Tagen war es Zeit, Lebewohl zu sagen. Schweren Herzens mussten wir wieder Abschied nehmen. Vorbei die Zeit, in der die Heimat fast vergessen schien und man sich ausmalte, wie es wohl wäre, hier zu leben. Aber so ist nun mal das Leben, alles beginnt und alles endet. Also stiegen wir in unsere Japaner und fuhren gen Heimat. Auf dem Rückweg verblieben wir noch ein paar Tage in Kroatien. Eine Nacht in Split und den Rest in Istrien. Es war ein schöner Ausklang. Glücklicherweise hatte Vedrana noch ein Zimmer für mich frei, so dass ich erneut mein Lieblingsdomizil beziehen konnte. Hier lernte ich sogar noch Deutsche kennen. Franziska, Ulrike und Frank. Trotz leichter politischer Differenzen verstanden wir uns prächtig und genossen den letzten Abend unter kroatischem Sternenhimmel in vollen Zügen, bevor es für mich zurück in die Heimat ging.

Ich könnte noch soviel mehr berichten über dieses faszinierende Land. Etwa über die Ausgelassenheit der Menschen hier und dem wahrhaft wohlschmeckenden Essen. Ich könnte über eine tolle Marketingstrategie schreiben, die von Schlaglöchern und einer Werkstatt handelt. Der Begegnung mit Mafiosos, der Unterhaltung mit Auswanderern wie Mario, den Verlust meines Ausweises, der mannigfaltigen Jugend, der wohltuenden Spritkosten, dem kilometerweiten Sandstrand, der Lichtpflicht, Windrädern, oder Ampeln, die nur zeitweise Lust hatten, zu leuchten. Zuviel für einen Artikel. Allein über die Heimreise hätte ich zwei Artikel schreiben können. Ich kann nur sagen, kommt her und erlebt es selbst.

Mittlerweile sind schon wieder einige Wochen vergangen und noch immer zehre ich von meinen Eindrücken. All die Menschen die ich traf, werde ich nicht mehr vergessen. Auch ihnen ist dieser Artikel gewidmet. Irgendwann werde ich wiederkommen und bis dahin bleibt Montenegro stets in meinem Herzen.

Doviđenja!

Blick aus der Ferne

Vorwort

Es ist zwei Uhr nachts. Drei Tage lang saß ich nun an meinem Rechner, machte mir Notizen und verfasste unzählige Zeilen über meine Heimat Deutschland. Formulierte aus, wie wenig ich es wiedererkenne und wie schnell sich Schatten über die Gemüter der Menschen legen kann. Ich sinnierte noch einmal über den desolaten Zustand und die wenig verheißungsvolle Zukunft, über die vorsätzliche Zerstörung, die unverhohlene Kriegstreiberei, die mediale Berichterstattung, die daraus resultierende Spaltung der Gesellschaft und weshalb ich mich so sehr darauf freute, all dem für einige Wochen zu entkommen. Ein ganz guter Einstieg für einen Urlaubsartikel, wie ich fand. Aber ich verwarf die Gedanken wieder, denn sie wiederholten letztendlich nur all das bereits Gesagte.

Deswegen bleibt es bei zwei kleinen Reiseberichten, die sich nur mit meinen Erfahrungen in der Ferne beschäftigen und nicht mit politischen Appellen unterfüttert werden. Sie handeln von meiner dreiwöchigen Reise in das ehemalige Jugoslawien, die ich mit Grit, Micha und ihrem Sohn Basti unternahm. Beste Freunde, mit denen ich bereits vor drei Jahren nach Istrien aufbrach und wunderschöne Erfahrungen machte.

Meine Gefährten Micha, Basti & Grit
Ausflug in die Geschichte

Kroatien und Montenegro sind Länder, die damals eins waren und in dem ein bekannter Präsident wirkte: Tito. Er starb in dem Jahr, als ich geboren wurde: 1980. Seine Regentschaft kenne ich also nur aus Erzählungen. Sie schien vielschichtig und kontrovers zu sein. Trotzdem denkt man im ehemaligen Jugoslawien noch heute an ihn. Das kam zumindest aus dem einen oder anderen Gespräch zum Ausdruck, welches ich mit den Einheimischen des Öfteren führte.

Für Viele schien es nicht die schlechteste Zeit gewesen zu sein. Zwar war sie sozialistisch geprägt, aber nicht im Stile Stalins, dem sich Tito damals sogar widersetzte. Der humorvolle und in Teilen autoritäre Lebemann führte Jugoslawien offensichtlich in den Fortschritt und hielt es zusammen. Einige Jahre nach seinem Tod zerbrach es jedoch in viele kleine Staaten. Nun fuhr ich in zwei dieser Regionen und durchschritt dabei sogar noch eine Dritte: Slowenien, was, wie ich erfuhr, wohl die erste Region war, die sich abspalten wollte vom damaligen Vielvölkerstaat Jugoslawien.

Die Reise beginnt

Die Koffer gepackt, die Personalien abfotografiert und das Geld gezählt, ging es endlich los. Ich fuhr früh in den Morgenstunden und bemerkte erst nach zwanzig Minuten, dass ich etwas Essenzielles vergessen hatte, mein Kartenlesegerät. Ich kann ohne dieses kleine Ding keine Bilder auf meinen Laptop ziehen und anfangen sie zu bearbeiten. Nein, das geht nicht. Also drehte ich um. Als ich dann erneut startete, quietschte plötzlich mein Mazda, wenn ich bremste. Das geht ja gut los, dachte ich mir und rief meine Werkstatt des Vertrauens an, die mir glücklicherweise kurzfristig half und das Problem beseitigte. Danke dafür noch einmal an dieser Stelle an Auto Dörfel in Wittenberg! Endlich konnte ich ins Gaspedal treten!

Bad Reichenhall

Mein erster Halt lag im Süden Bayerns, in Bad Reichenhall. Ich buchte ein Zimmer in einer kleinen familienbetriebenen Herberge direkt am Thumsee. Ein wahrlich idyllisches Fleckchen Erde. Nachdem ich eingecheckt hatte, entschloss ich mich in die Stadt zu fahren. Dort traf ich Anna, eine ältere Dame, die viel über Bad Reichenhall zu erzählen hatte und mit der ich einen Teil meines Weges ging. Bevor wir uns voneinander verabschiedeten, gingen wir noch etwas Essen in einem bekannten Brauereigasthof, dessen Bier ich sogar schon in Wittenberg gesehen habe. Ich fuhr zu meiner Unterkunft und genoss noch ein kühles “Bürgerbräu” am Thumsee.

Die nächste Etappe

Am nächsten Morgen ging es weiter. Es herrschte Vorfreude auf unsere Gastgeber im Norden Kroatiens, die wir immer wieder wählen. Meine Vermieterin heißt Vedrana. Die gebürtige Kroatin lebt eigentlich in Italien, aber während der Saison kommt sie nach Medveja, betreut das Hotel und kümmert sich nebenbei noch um ihre Eltern. Sie ist herzlich, freundlich, offen und hilfsbereit. Jeder, der ihr Mieter sein darf, wird bemerken, mit wie viel Liebe sie ihr Unternehmen führt. Auch Grit und Micha landen immer wieder bei der gleichen Vermieterin. Sie heißt Milena und lebt gemeinsam mit ihrem Bruder Marino im Ort nebenan, in Lovran. Ihr Domizil liegt relativ weit oben. Der Weg dorthin ist für Nichtkroaten eine Herausforderung. Ich erzähle lieber nicht, welche Schweißausbrüche ich bekam, bis ich bei Milena ankam.

Doch um erst einmal nach Istrien zu gelangen, mussten wir Österreich durchqueren. Mein Gott, was war das für ein Wetter. Der Himmel weinte, er weinte unermesslich. Schauer, Donner und Stürme begleiteten uns während der gesamten Strecke und brachte zeitweise jeden Autofahrer an seine Grenzen. Viele Menschen stört das sicher. Mich nicht. Ganz im Gegenteil. Es war perfekt für meine Kamera. Ich parkte unentwegt und hielt diese dämonischen Augenblicke fest, wo ich nur konnte.

Unwetter in Österreich

Nach Stunden des Untergangs klarte der Himmel auf und ich erreichte schließlich die slowenische Grenze. Ich machte Halt in Bled, ein sehr bekannter Ort und beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Leider stand die Sonne nicht optimal, sodass meine Aufnahmen nicht besonders aufregend geworden sind.

Ankommen in Istrien

Nach sechs Stunden Autofahrt erreichte ich schließlich mein Etappenziel. Ich lächelte, schloss zeitweise die Augen und genoss die saubere Meeresluft in vollen Zügen. Endlich den Zauber dieses hinreißenden Landstriches wieder spüren und alles hinter sich lassen. Minuten ließ ich es auf mich wirken, bevor ich weiter fuhr nach Medveja zu Vedrana.

Lovran

Es war, als wäre es gestern gewesen, dass ich hier war. Sofort fühlte ich mich zu Hause. “Willst du ein Bier?”, fragte sie mich. “Ja gern”, erwiderte ich. Anschließend setzten wir uns auf die Veranda und plauschten vorrangig auf Deutsch und Englisch, bevor ich mein Zimmer bezog und an den Strand ging. Gegen Nachmittag trafen Grit, Micha und ihr Sohn ebenfalls ein. Auch ihre, mir bis dato unbekannte Vermieterin Milena, freute sich wahnsinnig, die drei wiederzusehen. Noch am selben Abend verabredeten wir uns alle bei ihr. Wie bereits erwähnt, kann ich nicht genau sagen, wie ich an ihr Haus gelangt bin. Ich weiß nur eins, ihr Bruder musste meinen Wagen wieder auf den rechten Weg bringen. Jedenfalls habe ich jetzt verstanden, weswegen Grit und Micha immer in den höchsten Tönen von ihrer Vermieterin sprachen. Eine toughe und humorvolle Frau, die ihre riesige Wohnfläche samt gigantischer Gartenanlage allein mit ihrem Bruder bewirtschaftet. Einige Mietshäuser hat ihr Bruder eigenhändig aus dem Boden gestampft. Viel Arbeit, aber wenn man bedenkt, welch bezaubernden Ausblick sie jeden Tag frönen dürfen, entschädigt dies für so einiges.

Die kleinste Stadt der Welt

Am nächsten Morgen war es für kroatische Verhältnisse relativ mild. Nach dem köstlichen Frühstück entschied ich mich von daher ein wenig ins Landesinnere zu fahren, nach Hum, die sogenannte kleinste Stadt der Welt. Auf der Karte sieht es gar nicht so weit aus, aber wenn man den Weg gefahren ist, weiß man, warum man so lange braucht um dort hin zu gelangen. Bergauf, Serpentinen satt, enge verwinkelte Straßen und Gassen bis hin zu Feldwegen zierten den Weg. So manch einen Moment zitterte ich um meinen Wagen, und betete, dass er die Strapazen überleben würde. Irgendwann kam ich dann doch an und wurde belohnt mit strahlendem Sonnenschein und einem Ausblick, der seines gleichen sucht. Hum hat es mir angetan. Ein wahrhaft bezaubernder Ort. Ich lief durch die Gassen entlang, dinierte in der einzigen Konoba und kaufte sogar einheimischen Wein. Hier traf ich Österreicher aus Steier, die dem eigenen Alltag ebenfalls entfliehen wollten. Denn auch in ihrem Land geht es politisch gesehen drunter und drüber. Viele hundert Aufnahmen später, machte ich mich nach einigen Stunden wieder auf den Heimweg. Rückzu bemerkte ich, dass es auch eine Schnellstraße gibt. Wunderbar.

Hum
Ausklang

Der kurze Aufenthalt in Istrien neigte sich so langsam dem Ende. Es waren zwei wundervolle Tage. Am letzten Abend gingen wir im Restaurant “Riviera” essen. Für mich das erste mal, scheinen Grit, Michael und Basti des Öfteren eingekehrt zu sein, denn die Kellnerin begrüßte sie auf das Allerherzlichste. Sie und ihr Vater arbeiten schon viele Jahre hier und lieben was sie tun, das merkt man ganz deutlich. Hier bleiben keine Wünsche offen. Von ihrem Hauswein waren wir so begeistert, dass wir glatt ein paar Flaschen mitnahmen. Am Ende durfte ich sogar ein Bild von den Zweien machen. Und was soll ich sagen, man spürt einfach was ich meine, wenn man in ihre Gesichter blickt. Es war ein herrlicher Ausklang dieser kurzen aber intensiven Zeit in Istrien. Die Abenddämmerung genoss ich noch für einen Augenblick am Strand, bevor ich heim ging.

der Süden Kroatiens

Früh morgens ging es weiter. Ich verabschiedete mich von Vedrana und sagte, dass es sein könne, dass ich auf dem Rückweg noch einmal bei ihr übernachten werde. Ich würde mich rechtzeitig melden. Aber nun, auf in den Süden! Kaum zu glauben, aber bisher haben wir erst die Hälfte unserer Strecke geschafft. Vor uns lagen noch einmal knappe eintausend Kilometer. Unser nächstes Ziel war Zadar. Die Stadt liegt etwa 300 Kilometer südlich von Istrien entfernt und ist relativ gut über die Schnellstraße zu erreichen. Ich entschied mich allerdings die Meeresstraße entlang zu fahren. Man kann sich denken warum. Für diese Aussichten hat sich der Umweg gelohnt.

Vorbei an lang gezogenen Inseln und unendlich vielen Kurven, erreichten wir gegen Nachmittag unsere Behausungen nahe Zadar. Eingecheckt, gingen wir abends noch in die Altstadt und blickten einem wundervollen Sonnenuntergang entgegen. Am nächsten Morgen frühstückten wir an einer Promenade mit perfektem Hafenblick. Wir hätten ewig hier verweilen können.

Auf nach Dubrovnik

Letzte Station vor unserem finalen Ziel in Montenegro war Dubrovnik. Wer die Serie “Game of Thrones” kennt, weiß, dass hier viele Szenen gedreht wurden. Vorbei an Split, was wir auf den Rückweg mitnehmen sollten und der neuen Pelješac-Brücke, die es nun ermöglicht, den Grenzübergang von Bosnien/Herzigowina zu vermeiden, erreichten wir am späten Nachmittag das entlegene Dubrovnik und letzte große Stadt Kroatiens. Ein märchenhafter Ort. Wir kosteten so viel wie möglich aus, bevor wir unsere vorerst letzte Etappe antraten. Diese Strecke war eine der schönsten aus meiner Sicht. Oft hielt ich an und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, so sehr beeindruckte mich die Landschaft und die unendliche Weite dieser Gegend. Es lässt sich kaum beschreiben und selbst Bilder können es nicht wiedergeben. Man muss es erleben.

Schließlich erreichten wir die Grenze und betraten endlich Montenegro. Erste Eindrücke dieses bezaubernden Landstrichs sind am Ende meiner Bilderreihe zu sehen.

Es gäbe noch soviel zu erzählen und zu zeigen, aber würde das den ohnehin schon viel zu langen Artikel gänzlich sprengen. Ich hoffe dennoch, dass ich den einen oder anderen inspirieren kann, diese Region zu besuchen. Die Landschaft und vor allem die freundlichen Menschen sind es auf jeden Fall wert.

Dies war der erste Teil meines Reiseberichts. Nun werde ich mich an den zweiten Teil setzen.

Doviđenja!

Stürme der Entrüstung

Kein Tag wie jeder andere

Berlin. Samstag, der 25. Februar 2023. Der Tag, an dem die leider sehr umstrittene Demonstration für den Frieden in der Ukraine stattfinden sollte. Initiiert von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer. Es war ein wirklich apokalyptischer Tag. Regen, Schnee, Wind. Das volle Programm.

Sicher war ich mir nicht, ob ich mich auf den Weg machen sollte, denn es gab in letzter Zeit des Öfteren Augenblicke, in denen ich mich fragte, ob das alles überhaupt noch Sinn macht. Seit Jahren versuchen wir verzweifelt auf jedwede Art unsere Mitmenschen zu erreichen, um zusammen gegen die offensichtlich interessengeleitete Politik aufzustehen, aber nichts half. Im Gegenteil. Die Abneigung manifestierte sich und Nebel legte sich über die Zuversicht.

Marodeure dieser Zeit

Die Vernunft wurde stetig weiter in die Ecke gedrängt. Jede Bestrebung, etwas Positives gedeihen zu lassen, wurde im Keim zertrampelt und mit dem unsterblichen Stigma „rechts“ versehen. Dass all diese destruktiven Gedanken und die damit einhergehenden Ideologien Einzug in die Köpfe vieler Menschen halten konnte, haben wir einzig und allein der hiesigen Journaille zu verdanken, die schon seit vielen Jahren den Pfad der Unvoreingenommenheit verlassen hat und, bis auf wenige Ausnahmen, nur noch die Staatsräson in die Hirne der Bevölkerung meißelt. Sie sind das triefende Schmiermittel dieses korrupten Systems und nutzen ihre Reichweiten, um alles Relevante ins Gegenteil zu verkehren. Sie bringen es sogar zustande, ein einfaches und unmissverständliches Wort wie „Frieden“ und Botschaften wie “Verhandeln statt Waffen” so zu kontaminieren, dass bei Teilen der Bevölkerung eine nicht nachzuvollziehende Aversion entsteht. Sie nennen uns „Friedensschwurbler“ und „Lumpenpazifisten”. Eine Steigerung dieser Perversion ist kaum vorstellbar. Hinzu kommen hasserfüllte Phrasendrescher, die in den höchsten Ämtern sitzen und Absonderungen von sich geben wie der Baden-Württembergische Finanzminister Danyal Bayaz:

„Was sich da Friedensdemo nennt, ist die hässlichste Fratze Deutschlands und eine Schande für unser Land.“

Und das Entsetzlichste daran ist, dass es so unermesslich viele Menschen gibt, die solche Tiraden auch noch beklatschen. Jene sind es auch, die sich nicht vorstellen können, wie man in so einer Situation noch für Verhandlungen mit Russland einstehen kann. Jene sind es, die den Gegenprotest bei einer Friedensdemonstration besuchen.

Wie oft begleitete ich Demonstrationen und versuchte die Hoffnungen der Teilnehmer einzufangen, die sich gemeinsam gegen die immer absurder werdende Politik stellen. Ich sah mich stets als kleines mediales Gegengewicht zum homogenen Einheitsbild, den die großen Sendeanstalten über sämtliche Medien im Dauerbeschuss von sich geben. Eben jene Medien, die vor einigen Jahrzehnten die damaligen Friedensbemühungen noch unterstützten, marschieren nun im Einheitsschritt mit der Obrigkeit und mähen alles nieder, was nur den Anschein einer Opposition besitzt.

Es ist wahrlich zum Fremdschämen, welch Gedankenschlick diese verderbten Flaggenträger absondern. Diese gewissenlosen Seelenspalter tragen zur Massenverwandlung bei und scheinen es dabei nicht einmal zu bemerken, wessen Klaviatur sie da bespielen. Es dauert nicht mehr lange, bis Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer von diesen Ödniswächtern ebenso gesellschaftlich ausgegrenzt werden, wie diejenigen, die es gewagt haben, während der Coronakrise ihren Mund aufzumachen. Dank ihnen allen, werden wir uns immer weiter voneinander entfernen. Es fehlt nicht mehr viel und die einst friedliebenden Menschen hierzulande werden sich genauso gegenseitig hassen bis aufs Blut, wie Ukrainer und Russen.

And the winner is…

Gewinner ist wieder einmal der lachende Dritte. Der Puppenspieler, der schon seit ewigen Zeiten auf genau dieses Szenario hinarbeitet. Geostrategen, die nur ihren eigenen Vorteil sehen und denen das Leid Anderer völlig egal ist. Individuen, die sich für gescheiter halten, die meinen zu wissen, was gut ist für die Menschheit. Und wir? Wir lassen es geschehen, spielen ihr Spiel mit und verlieren uns im Kleinklein.

Das Herrschaftswissen, welches seit Jahrhunderten in diesen Kreisen weitergegeben worden ist, wurde im Laufe der Zeit perfektioniert. Es wuchs. Es florierte zu einer einzigartigen Macht und hat jetzt, im Zeitalter der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz, ihren Höhepunkt erreicht. Wie will man das durchbrechen? Wie will man jahrhundertelangen Vorsprung aufholen? Die grausame Antwort darauf lautet: gar nicht. Zumindest nicht in unserer kurzen Lebensspanne. Aber wir können Wegmarken legen. Etwas hinterlassen. Wir können im Hier und Jetzt, wohl wissend, dass wir es in unserem Leben nicht mehr verhindern können, ein Zeichen setzen für die Nachwelt und beweisen, dass wir alles auf friedlichem Wege versucht haben, um dem Wahnsinn etwas entgegenzusetzen. Und das haben wir! Nur ein kurzer Blick in die Vergangenheit belegt, welch eine Macht in einer Minderheit schlummerte und was sie auf den Weg brachte. Trotz aller Widrigkeiten, trotz all der Häme und schlechter Presse, blieben sie standhaft und widersetzten sich der Düsternis.

Momente der Hoffnung

Auch dieser 25. Februar ist so ein Lichtblick. Ein Tag, dem Menschen in einer besseren Welt vielleicht gedenken und anerkennen, dass es einen Teil der Bevölkerung gab, die sich den vielen Ungerechtigkeiten entgegenstellten. Diesen Tag hielt ich fest und bin am Ende froh, vor Ort gewesen zu sein.

Schlussendlich bleibt mir nur zu sagen, dass ich Sarah Wagenknecht, Alice Schwarzer und allen, die sich auf den Weg machten, dafür danke, dass sie sich diesem Sturm der Entrüstung entgegenstellten und trotz der noch zu erwartenden Stürme, weiterhin für den Frieden einstehen.

Friedenstaube

Ein Zeichen für den Frieden

Vergangene Woche entdeckte ich einen Flyer mit einer Friedenstaube darauf. Dort stand geschrieben: “Menschenkette. Protest gegen die Panzerlieferung. Frieden, Heizung, Brot statt Waffen, Krieg und Tod.” Erfrischend, dachte ich mir. Mal etwas anderes als die Montagsspaziergänge, die zwar immer noch in Wittenberg stattfinden, aber leider bei vielen Menschen keine positiven Assoziationen mehr hervorrufen. Corona war der Auslöser für das wöchentlich stattfindende Ereignis. Nachdem dieses Thema in den Hintergrund gerückt ist, gab es keinen Grund mehr für viele, montags auf die Straße zu gehen. Der Spaziergang aber lebt weiter. Nur wofür er nun noch steht, wissen die meisten Menschen nicht. Da ist ein Aufruf zu einem ganz konkreten Thema, eine gute Alternative.

Eindrücke

Die Kamera im Gepäck, düste ich bei herrlichstem Sonnenschein gen Treffpunkt, der an einer viel befahrenen Straße unweit des Stadtzentrums lag. Das Auto geparkt, ein paar Hände geschüttelt, fing ich an, den Auslöser zu betätigen und meine Eindrücke festzuhalten. Es herrschte eine angenehme Stimmung. Die Menschen waren trotz des freudlosen Themas, heiter und herzlich. Sie lächelten in meine Kamera und ließen sich ganz entspannt ablichten. Sie schwenkten ihre Friedensfahnen und winkten den Autofahrern zu, die das Treiben unterschiedlich aufnahmen. Doch meistens waren sie erfreut und drückten ihre Zustimmung durch lautes Hupen aus.

Begegnung

Als ich einige Aufnahmen im Kasten hatte, begab ich mich auf die andere Straßenseite, um von dort aus alternative Perspektiven aufzunehmen. Gerade positionierte ich mich, als mir jemand auf die Schulter klopfte und mich auf Russisch ansprach. Eine ältere Dame und ihr Mann (wahrscheinlich) wollten offensichtlich wissen, was hier los war. Die Frau begann in ihr Handy zu sprechen, und ließ sie per Google Translator ins Deutsche übersetzen. Schnell fand ich heraus, dass es eine ukrainische Familie aus Cherson war, deren Haus unter Beschuss stand und ihnen nichts mehr geblieben sei. Ich drückte mein Bedauern aus und konnte nachvollziehen, dass die Beiden die Situation ganz anders beurteilen.

Immer wieder tauschten wir unsere Standpunkte aus und reichten das Handy hin und her. In der Kürze der Zeit ließ sich natürlich kein tiefgründiges Gespräch führen. Dennoch versuchte ich ihnen zu vermitteln, dass wir als Deutsche alles dafür tun sollten, den Frieden zwischen den verfeindeten Parteien anzustreben und nicht permanent die Dinge weiter eskalieren zu lassen. Wir sollten keine Waffen und Panzer senden. Die Menschen hier stehen für Diplomatie. Deutschlands Politiker sollten verhandeln! Das ist die Botschaft! Als ich ihr das in ihr Handy diktierte und sie der Übersetzung lauschte, erhielt ich ein nachdenkliches Zustimmen und wir drückten uns anschließend. Ich verabschiedete mich und widmete mich wieder der Kundgebung.

Das Ende eines schönen Tages

Mittlerweile setzte die Dämmerung ein und die ersten Teilnehmer verließen das Treffen. Ich unterhielt mich noch etwas mit dem Ein oder Anderen, verteilte ein paar Visitenkarten und ging dann auch meiner Wege.

Einige hundert Menschen trafen sich hier an diesem Samstagnachmittag. Ihre Botschaft war Frieden. Es war ein leiser Appell, den die Menschen unserer Politik und dem Zeitgeist zuriefen. Wahrscheinlich bleibt er ungehört, aber dennoch möchte ich ihnen hiermit etwas Hoffnung geben. Ihnen mitteilen, dass es durchaus Seelen gibt, die ihnen zuhören und verstehen, was sie fühlen. Sicher nicht heute, aber irgendwann in ferner Zukunft wird es vielleicht eine bessere Zeit geben und die Menschen dort, sollen wissen, wer für Diplomatie und Frieden stand.

Dies ist eine Erinnerung.